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Wie konzipiert und skaliert man eine Verkaufskampagne im Big Blue Universum (Facebook, Instagram, Messenger) für den Black Friday am 27. November, wenn man zu Faschingsbeginn am 11. November dafür noch weder Businessmanager noch Werbekonto angelegt hat?

Ich zeige dir heute genau so ein Setup anhand eines mittelgroßen Webshops eines österreichischen Einzelhändlers in der Freizeitbranche. Diese Strategie ist aggressiver und riskanter als die meisten anderen, speziell der Zeitdruck und die manchmal schwer berechenbaren Abläufe im FB Support erfordern auf Agenturseite gute Nerven und einiges an Erfahrung.

Sie ist grundsätzlich für jede Branche leicht anwendbar, funktioniert aber erfahrungsgemäß erst bei Tagesbudgets über 1.000€ und bereits etablierten Webshops (mindestens 3% Conversionsrate bei mehr als 100.000 Besuchern im Monat). Ein funktionierender Pixel und ein tadelloses Tracking sind wie bei jeder anderen Performance-Kampagne zwingende Voraussetzung.

Bei coolen Performance-Projekten suche ich mir gerne Verstärkung. Wie schon öfter habe ich mir langjährig erprobte und schlagkräftige Facebook-Performance-Power besorgt: Thomas Thaler ist ausgebildeter Informatiker, Unternehmensberater und Bilanzexperte – und Profi bei Facebook Performance Kampagnen.

Martina Eggenfellner – Performance Marketing, das Ergebnisse liefert!

Vorbereitung

In einem normalen Monat verzeichnete dieser Webshop etwas mehr als 200.000 eindeutige Besucher – die meisten davon wurden auch brav von einem historischen FB Pixel erfasst. Es wurde noch kein Geld an Mark Zuckerberg gespendet, sprich noch keine Werbung geschaltet. Trotzdem gab es im letzten halben Jahr dank eines fleißigen Redaktionsteams schon einige hunderttausend interagierende Personen auf Insta und FB.

Für den Black Friday 2020 waren die Ziele nun hoch gesteckt: Ein geplantes Werbebudget von 30.000€ sollte zu einem Umsatz von mindestens 200.000€ führen – also ein gewünschter ROAS von 6,6.

Hätte, hätte, Fahrradkette! Hätte das Projekt früher begonnen, wäre die Zeit nicht so knapp geworden. Das Projekt startet also pünktlich zu Faschingsbeginn: erst am 11. November werden der Businessmanager und das Werbekonto angelegt. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um in Panik zu verfallen – jetzt muss rasch und strukturiert vorgegangen werden.

Wir beginnen also mit Überlegungen, welche Rabattaktion uns den Erfolg am Black Friday sichern soll.

Psychologischer Aspekt

Die Gretchenfrage lautet: Wie hoch muss der angebotene Rabatt sein? So hoch wie notwendig, damit die Kunden möglichst rasch zuschlagen. Gleichzeitig aber so niedrig wie möglich, damit sich unsere Marge nicht komplett auflöst.

Hier gibt es leider keine geheime Formel. Nachdem sich allerdings jeder fortgeschrittene User (Stichwort: Werbebibliothek) problemlos alle unsere aktuellen Werbeanzeigen anschauen kann, sind Schwierigkeiten vorprogrammiert, sobald wir gleichzeitig verschiedene Rabattmodelle verwenden. Wir entscheiden uns daher für eine einheitliche Rabattstufe von -50% und verzichten auf komplizierte Einschränkungen á la “gültig erst ab einem Einkaufswert von 100€” oder ähnlichem Unsinn.

Bleibt noch die Frage nach dem Zeitrahmen. Wir entscheiden uns, die Aktion bis zum Cybermonday laufen zu lassen, also den 30. November.

Unnützes Wissen, um beim nächsten Online Marketing Stammtisch die Lacher auf seiner Seite zu haben: Das Wort Rabatt kommt eigentlich aus dem früheren Italienisch des 13. Jahrhunderts. Ra– „zurück, wieder“ und battere „schlagen“ bedeutete damals „von einer Summe abschlagen oder abziehen“. Im heutigen Italienisch ist die wörtliche Übersetzung von Rabatt zwar Sconto, es wird aber in vielen Gegenden Italiens immer noch gerne Ribasso verwendet.

Abbildung: Der Baumarkt Hornbach hat das Thema 2019 mal gekonnt mit Satire genommen

Betriebswirtschaftlicher Aspekt

Mathematisch betrachtet ist es relativ einfach: bei 50% Rabatt müssen wir mindestens doppelt so viele Produkte verkaufen, damit wir zumindest den gleichen Umsatz generieren. Oder den AOV (Average Order Value), also den generierten Umsatz pro Transaktion, deutlich nach oben bringen. Am besten beides gleichzeitig.

An dieser Stelle erinnern wir uns (hoffentlich) an absolvierte Seminare aus Absatzwirtschaft: die Grenzerlöse müssen immer über den Grenzkosten liegen. Vereinfacht gesagt: die meisten profitorientierten Unternehmen müssen selbst mit dem Verkauf eines rabattierten Produktes immer noch einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften. Deutlich weniger Stress haben hier nur ScaleUps und globale Konzerne: über lästige Details wie Profitabilität muss sich dort kaum jemand Sorgen machen, dort geht es oft nur um Marktanteile.

Aber Achtung: Preistricksereien haben in Zeiten von automatisierten Preisalarmen kurze Beine. Eine Verdopplung des Verkaufspreises genau einen Tag vorm Black Friday, um danach mit vollmundigen minus 50% den (eigentlich normalen) Preis zu bewerben, ist nur peinlich und Profis unwürdig.

Abbildung: Eine genauere Betrachtung der “Rabatte” beim österreichischen Portal Shöpping

Konfiguration

Jetzt geht es ans Eingemachte. Das gerade frisch angelegte und jungfräuliche Werbekonto wird von FB naturgemäß mit Argusaugen beobachtet, wir können also zum Start gerade mal 212,79€ pro Tag ausgeben. Der Black Friday ist aber schon in zwei Wochen – bei diesem lahmen Tempo kommen wir maximal auf ein Zehntel der geplanten Werbeausgaben. Also rasch FB kontaktieren und um eine rasche Erhöhung des max daily spend ersuchen.

Genauso rasch kommt die freundliche (Standard-)Antwort “Leider kann das Limit nicht erhöht werden. Zum Schutz vor Betrug wenden wir auf jedes Werbekonto ein tägliches Ausgabenlimit an, das auf den Ausgabenaktivitäten basiert, die von unserem automatischen Überwachungssystem verfolgt werden. Zu diesem Zeitpunkt kann dein tägliches Ausgabelimit nicht erhöht werden”.

Soweit, so schlecht. Wir eskalieren also eine Support-Stufe höher und bemerken nach einigen Tagen tatsächlich einen deutlichen Anstieg.

Abbildung: Werbeausgaben pro Tag

Die Sicherheits-Algorithmen der meisten Kreditkartenfirmen reagieren auf eine so rasche Entwicklung der Spendings in so kurzer Zeit manchmal mehr als unwirsch. Wir geben also auch dort sicherheitshalber vorab Bescheid und vereinbaren einen ausreichenden Rahmen. Immer im Hinterkopf behalten: Kaum etwas mag FB noch weniger, als geplatzte Abbuchungen!

Aufbau der Kampagne

Nun zum konkreten Kampagnen-Setup. Unserem Credo “Account Simplification” werden wir selbstverständlich auch diesmal gerecht.

Wir definieren unsere Funnelstufen wie folgt:

  • BoFu (= Bottom of Funnel):
    Besucher unseres Webshops in den letzten 180 Tagen
  • MoFu (= Middle of Funnel):
    Interagierende auf FB und Insta in den letzten 180 Tagen
  • ToFu (= Top of Funnel):
    klassisches Prospecting mit breitem InteressentargetingAus der Warenwirtschaft holen wir uns dann die jeweiligen 3 Topseller der deutsch- und englischsprachigen Kunden in Europa, allerdings unter Berücksichtigung der aktuellen Lagerbestände. Schlecht verfügbare Lockangebote machen im Endeffekt mehr Ärger, als sie bringen. Diese 3 Produkte sind quasi die Eyecatcher, mit denen wir möglichst viele potentielle Kunden in den Webshop karren wollen. Als Ziel-URL wird gleich die Detailseite des Produktes verwendet – je weniger Klicks zwischen dem Ad und dem Kaufabschluss stehen, desto besser. Grundsätzlich ist uns zwar egal, ob dort dann nur die Topseller oder auch andere Produkte gekauft werden. In einer späteren ex post-Betrachtung werden wir allerdings feststellen, dass die Plätze 1 bis 3 der Black Friday Verkaufsliste mit jeweils über 1.000 Stück dann doch von diesen beworbenen Produkten belegt werden.
Abbildung: Verteilung des Werbebudgets nach Phasen und Funnelstufen

Phase I: Anfüttern

Vom 11.11. bis zum 25.11. kommt eine Struktur wie aus dem Lehrbuch zum Einsatz: Kampagnen nach Funnelstufe und Sprache (deutsch und englisch), sauber mit ausschließenden Custom Audiences voneinander abgegrenzt. Drinnen jeweils AdSets mit Varianten der Zielgruppen. Insgesamt laufen in dieser Phase 38 AdSets in 6 Kampagnen insgesamt 2 Wochen lang.

Notwendig, um

  1. das noch frische Werbekonto möglichst rasch in höhere Tagesbudgets zu führen
  2. genügend Munition für unser Feuerwerk in Phase II zu haben. Sprich die Zielgruppe des BoFunoch vor dem Black Friday möglichst groß zu machen.

Wir basteln dafür 6 simple Ads (3 in Deutsch, 3 in Englisch) – der spätere Rabatt wird noch nicht erwähnt. Diese 6 Originale werden dann in den anderen AdSets nur mehr verlinkt (mittels “bestehenden Beitrag verwenden”), die Interaktionen darauf somit aggregiert.

Wir investieren dafür € 7.485,19 unseres Werbebudgets.

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Phase II: Abschöpfen

Jetzt wird es ernst, irgendwelche Tests oder laufende Optimierungen sind zeitlich nicht mehr möglich. Wir haben nur genau einen Pfeil im Köcher – der muss genau ins Bullseye treffen.

Wir basteln uns also 6 fetzige Creatives (3 in Deutsch, 3 in Englisch) mit Hauptaugenmerk auf den 50% Rabatt. Die AdCopy wird kurz und schmerzlos: Kauf jetzt zum unschlagbaren Superpreis – gültig nur bis 30.11.2020.

Nachdem die FB-Freigabe unter Umständen bis zu 24 Stunden dauern kann, riskieren wir lieber nichts und geben die Ads bereits am 23.11. mit einem späteren geplanten Starttermin in die Prüfung.

Am Mittwoch, dem 25.11., um 16:00 Uhr werden alle Varianten aus Phase I deaktiviert und die neue Kampagnenstruktur aktiviert. Für diesen Wechsel von Phase I zu Phase II greifen wir ein wenig in die Trickkiste und spielen mit dem FB-Algorithmus.

Spätestens jetzt müssen wir das Lehrbuch weglegen. Einen Branchenpreis für die anmutigste Schönheit einer Werbekampagne werden wir so zwar sicher nicht bekommen, dafür aber eine ordentliche Profitabilität.

  • Es gibt nur mehr eine CBO-Kampagne, in der 4 AdSets (BoFu und MoFu in Deutsch und Englisch) liegen.
  • In jedem Adset liegen die 3 neuen Produkt-Ads in der passenden Sprache
  • Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Erfahrungsgemäß liefert der FB-Algorithmus mit dem ersten Schlag nicht immer die optimalen Ergebnisse. Wir duplizieren daher diese Kampagne 1:1 und lassen sie mit dem Namenszusatz V2 neben der V1 laufen.
  • Den Top Funnel lassen wir diesmal komplett aus. Insgesamt laufen in dieser Phase für nur 5 Tage also 8 AdSets in 2 Kampagnen. Wir investieren dafür weitere € 12.799,72 unseres Werbebudgets.

Ergebnisse

In der Zeit vom 11.11.2020 bis 30.11.2020, also beiden Phasen zusammen, haben wir mit einem eingesetzten Werbebudget von € 20.284 insgesamt € 342.027 Umsatz (das waren 5.148 Transaktionen) generiert, das entspricht einem durchaus passablen ROAS von 16,8.

Der FB-Algorithmus hat dabei wieder einmal ganze Arbeit geleistet und die Budgets durchaus sinnvoll verteilt. Wir sehen aber trotzdem deutlich die Unterschiede im erzielten ROAS zwischen V1 und V2 (mit völlig identischer Zielgruppe und Creatives).

Wir haben in Phase II “nur” 377.151 Menschen erreicht, die Zielgruppen im MoFu und BoFu hätten aber noch um einiges mehr hergegeben. Irgendwie schade, dass FB ohne Not auf 10.000€ mehr Werbeumsatz verzichtet hat, weil sie das Tageslimit nur relativ langsam erhöhen wollten.

Abbildung: detaillierter Facebook Report, aufgeteilt nach AdSets

Der CPM (= Tausenderkontaktpreis) stieg zum Black Friday deutlich an und sank danach wieder ab.

Abbildung: Darstellung des CPMs

Dafür verdoppelte sich in dieser Zeit fast die Conversionrate im Webshop.

Abbildung: Google Analytics Darstellung der Conversionrate im gesamten Webshop

Die generierten Umsätze sind tatsächlich rund um den Black Friday explodiert. Schon am Mittwoch zu beginnen, war definitiv kein Fehler. Länger als bis Montag muss es nicht laufen.

Fazit

Was lernen wir daraus? Richtig, wir sollten unser Werbekonto und den Business Manager definitiv früher anlegen. Spaß beiseite: Wie anhand unseres Beispiels zu sehen ist, kann man mit etwas Fingerspitzengefühl und einer Brise Erfahrung auch kurzfristig einiges bewegen und profitable Umsätze erzielen – auch mit Strategien abseits des Lehrbuches.

Wichtig ist es, Geduld zu bewahren, Vertrauen in die eigene Strategie zu haben und das Handtuch bei frustrierenden Standardantworten des FB Supports nicht sofort zu werfen. Sondern mit agilen Lösungen am Ende durchs Ziel zu laufen.

Pro-Tipp zum Abschluss: Nachdem die Auswertung auf Produktebene im Facebook-Universum selbst beim Einsatz eines Produktkataloges eher so (hier Kraftausdruck nach Wahl einsetzen) ist, empfiehlt sich für tiefergehende Analysen dann doch eher Google Analytics:

Abbildung: Google Analytics Darstellung der im Webshop verkauften Produkte

"Hallo, ich bin Martina Eggenfellner, Gründerin und Geschäftsführerin der Social Media Agentur "umundauf.at". Seit über 13 Jahren bin ich Spezialistin für Social Media Performance Marketing. Ich liebe es, mein langjähriges Wissen in Workshops und Schulungen an meine Kund*innen weiterzugeben."

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Wir sind offizieller Meta Business Partner. Martina Eggenfellner ist zusätzlich Meta-zertifizierte Mediabuchungsexpertin, Creative Strategy Professional & Marketing Developerin.

Die Zertifizierungen „Mediabuchungsexpertin“, „Creative Strategy Professional“ und  „Marketing Developer“ zeichnen Personen aus, die eine fortgeschrittene Kompetenz im Umgang mit technischen Facebook Marketinglösungen, Werberichtlinien und Best Practices bei der Buchung von Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram vorzeigen.